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Wie Kinder (7 bis 11 Jahre) Körper und Gefühle entdecken – und wie Eltern sie stärken können

Kinder lernen in dieser Phase, ihren Körper besser zu verstehen, Schamgefühle zu entwickeln und Beziehungen zu gestalten. Eltern finden hier verlässliche Informationen, wie sie ihre Kinder mit Offenheit, Wissen und Respekt begleiten können.

Sexuelle Entwicklung von Kindern (7–11): Wie Sie Ihr Kind begleiten

Was Eltern wissen sollten

Kinder entwickeln in diesem Alter ein neues Bewusstsein für ihren Körper. Sie erkennen zunehmend, dass ihr Körper und ihr Intimbereich ihnen selbst gehören und etwas ganz Persönliches sind. 

Trotzdem bleibt Sexualität auch in dieser Altersstufe wichtig. Das Entdecken des eigenen Körpers und des Körpererlebens sind wichtige Aspekte einer gesunden Entwicklung. Auch erleben Kinder weiterhin gerne Kuscheln, Massieren oder Körperkontakt. Das fühlt sich für sie angenehm an. Kinder verbinden diese Erfahrungen nicht mit «Sexualität» – für sie sind das Ausdruck von Sinnlichkeit und Zuneigung. Sie spüren, was ihnen guttut, und lernen dabei ihren Körper besser kennen.

Kindliche Sexualität verstehen

Kindliche Sexualität ist ein natürlicher Teil der Entwicklung – und völlig anders als bei Erwachsenen. Erfahren Sie, wie Ihr Kind gesund, selbstbestimmt und geschützt aufwachsen kann und wie Sie es dabei unterstützen.

Viele Eltern fragen sich, was genau mit «kindlicher Sexualität» gemeint ist – und oft herrscht dabei Unsicherheit, ob dieser Begriff überhaupt auf Kinder angewendet werden darf. Tatsächlich ist es wichtig zu verstehen: Kindliche Sexualität hat nichts mit dem zu tun, was Erwachsene unter Sexualität verstehen.

Damit sich kindliche Sexualität gesund und selbstbestimmt entfalten kann, braucht es – wie in anderen Entwicklungsbereichen (Sprache, Motorik, emotionale Entwicklung etc.) auch – die Unterstützung und Begleitung durch erwachsene Bezugspersonen.

Kinder erleben ihre Welt körperlich und mit allen Sinnen. Sie erkunden ihren Körper, nehmen Unterschiede wahr, stellen Fragen und probieren im Spiel Rollen und Geschlechtsidentitäten aus.

Grenzen kennen und respektieren lernen

Ein Kind, dass seinen Körper kennt und wertschätzt sowie gelernt hat seine Emotionen zu benennen, kann leichter sagen, was es will oder nicht will. Es nimmt seine Grenzen besser wahr und schützt sich besser vor angenehmen oder übergriffigen Erfahrungen. Zugleich lernt es die Grenzen anderer zu achten.

Genau hier setzt unser Präventionsprogramm «Mein Körper gehört mir!» 7-9 Jahre an: Kindern sollen erfahren, dass sie über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen, lernen verschiedene Gefühle wahrzunehmen und mitzuteilen, was angenehm und was unangenehm ist.

Hier finden Sie die 7 Präventionsbotschaften, die sowohl die sexuelle Entwicklung als auch den Schutz vor sexualisierte Gewalt stärken:

  • Mein Körper gehört mir! Ich vertraue meinem Gefühl.
  • Ich kenne gute, schlechte und komische Berührungen.
  • Ich darf Nein sagen! / Ich habe das Recht, Nein zu sagen!
  • Ich unterscheide zwischen guten und schlechten Geheimnissen.
  • Ich bin mutig, ich hole mir Hilfe. / Ich weiss, wo ich Hilfe holen kann. Ich bin nicht schuld.

Sexualerziehung im Grundschulalter: Offene Gespräche führen

Manche Kinder zeigen in dieser Zeit – bis zur Pubertät – wenig oder gar kein Interesse an ihrem Körper oder an Fragen rund um Sexualität. Das ist völlig normal. Trotzdem ist Sexualerziehung in diesem Alter wichtig. Machen Sie Ihrem Kind Gesprächsangebote. Wenn Ihr Kind nicht darüber sprechen möchte, ist das in Ordnung. Bleiben Sie offen – und greifen Sie das Thema zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf.

Wie Kinder lernen

Mit zunehmendem Alter beobachten Kinder genau, wie Erwachsene oder ältere Jugendliche sich verhalten. Sie ziehen daraus Rückschlüsse auf soziale Erwartungen und Verhaltensweisen. Sie denken darüber nach: 

  • Was ist typisch für Jungen, was für Mädchen?

  • Was bedeutet es, verliebt zu sein?

  • Wie verhalten sich Menschen in einer Beziehung?

Oft probieren sie das Gesehene in Rollenspielen aus. Dabei entwickeln sie nicht nur ein besseres Verständnis für soziales Verhalten, sondern auch für ihre eigene geschlechtliche Identität. Gleichzeitig entwickeln sie erste enge Freundschaften und lernen mehr darüber, wie Beziehungen funktionieren.

Hier lesen Sie, welche Regeln es für die kindlichen Rollenspiele gibt und wie Sie darauf reagieren können. 

So stärken Sie Ihr Kind während dieser Entwicklungsphase

So stärken Sie das Körpergefühl und Selbstvertrauen Ihres Kindes: Begleiten Sie es liebevoll durch die körperlichen Veränderungen, sprechen Sie offen und kindgerecht über Gefühle, Körper und Beziehungen und respektieren Sie seine Grenzen. Durch Bewegung, altersgerechtes Wissen und ehrliche Antworten lernt Ihr Kind, sich selbst zu vertrauen und über Angenehmes wie Unangenehmes zu sprechen.

In dieser Zeit ist es besonders wichtig, dass Sie Ihr Kind liebevoll begleiten. Zunehmend nimmt Ihr Kind seine körperlichen Veränderungen (und die damit einhergehenden Rollenerwartungen) wahr. Das kann es verunsichern. Gerade deshalb braucht es Orientierung. Helfen Sie ihm oder ihr, den Körper, Gefühle und Beziehungen besser zu verstehen. Geben Sie altersgerechte Informationen – einfach erklärt, ehrlich und offen. Dazu können Sie auch Kinderbücher zur Unterstützung verwenden. Zeigen Sie: «Du darfst Fragen stellen, ich bin für dich da.»

Kinder in diesem Alter entwickeln ausserdem ein gesundes Schamgefühl und wünschen sich mehr Privatsphäre. Sie ziehen sich mehr zurück, schliessen die Tür, wollen allein ins Bad oder in die Umkleidekabine – das ist ein normaler Schritt auf dem Weg zur Selbstständigkeit. Respektieren Sie diese Grenzen und sprechen Sie darüber.

Genau hier setzt unser Präventionsprogramm «Mein Körper gehört mir!» an: Es stärkt Kinder in ihrer Körper- und Gefühlswahrnehmung, über Angenehmes und Unangenehmes zu sprechen und ihre persönlichen Grenzen zu benennen – und die anderer zu respektieren.

Kinder entwickeln ein gesundes Verhältnis zu ihrem Körper, wenn sie spüren «Ich bin okay, so wie ich bin.». Dabei können Eltern viel unterstützen:

Körper erleben lassen

Lassen Sie Ihr Kind Bewegung und Körpererfahrungen machen – z. B. beim Klettern, Rennen oder Tanzen. So spürt es: «Mein Körper kann viel – das fühlt sich gut an.»

Wissen über den Körper

Kinder sind neugierig auf ihren Körper und die Veränderungen, die er im Laufe des Wachstums durchmacht. Sprechen Sie offen über den Körper. Erklären Sie Begriffe kindgerecht und benennen Sie auch alle Körperteile richtig – dazu gehören auch Penis und Vulva.

So entwickelt ihr Kind ein ganzheitliches Bild vom eigenen Körper. Es lernt, Empfindungen und Gefühle wahrzunehmen, einzuordnen und darüber zu sprechen – und das mit Ihrer Unterstützung. Das stärkt das Vertrauen in den eigenen Körper, hilft bei der Entwicklung der geschlechtlichen Identität und macht es leichter, sich bei unangenehmen Erfahrungen mitzuteilen.

Raum für Mitspracherecht

Geben Sie Ihrem Kind ein Mitspracherecht bei alltäglichen Körperpflege-Routinen, damit es ein Gefühl von Kontrolle und Selbstbestimmung entwickelt. Zum Beispiel können Sie fragen: «Darf ich dir beim Eincremen helfen oder möchtest du das allein machen?». So lernt Ihr Kind, dass es über seinen Körper entscheiden darf. Das erlangte Bewusstsein schützt ihn oder sie vor Grenzverletzungen, denn es entscheidet, ob es z.B. eine Berührung zulassen möchte oder nicht.

Ohne Kritik an Normalität

Ein Pickel, ein kleiner Bauchansatz oder andere körperliche Merkmale sind völlig normal und gehören zum Leben. Anstatt diese zu kritisieren, fördern Sie eine Haltung der Akzeptanz und Ermutigung. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass alle Körper unterschiedlich und einzigartig sind. Es gibt keine perfekte Art, wie ein Körper aussehen muss. 

Umgang mit medialer Perfektion und Geschlechterbilder / Schönheitsideale

Sprechen Sie über unrealistische Darstellungen von Körpern in Medien. Erklären Sie Ihrem Kind, dass die Körperbilder in Medien oft bearbeitet und geschönt sind. Wenn Ihr Kind einen Animationsfilm sieht, erklären Sie zum Beispiel: «Die Figuren sind so gezeichnet, um spannend auszusehen, aber echte Menschen haben viel unterschiedlichere Körper».

Jedes Kind ist individuell und entwickelt sich in seinem eigenen Tempo.

Wie sich Ihr Kind entwickelt – und wie Sie es liebevoll begleiten können

Jedes Kind geht seinen eigenen Weg – auch beim Entdecken von Körper und Gefühlen. Dieser Überblick zeigt, wie sich Kinder entwickeln und wie Eltern sie dabei liebevoll unterstützen können. Um die verschiedenen Entwicklungsphasen besser zu verstehen, sind sie hier in

  • «So verändert sich der Körper Ihres Kindes» und
  • «So entwickeln Kinder ihr Denken und sozialen Fähigkeiten »

unterteilt.

Diese Entwicklungen verlaufen selbstverständlich parallel. Die Unterteilung dient lediglich dazu, die Komplexität zu reduzieren.

Die Erläuterungen sind nach Altersgruppen strukturiert:

Auch hierbei sollten die Übergänge zwischen den Entwicklungsphasen als fliessend betrachtet werden. Jedes Kind ist individuell und entwickelt sich in seinem eigenen Tempo, weshalb die beschriebenen Meilensteine nur als Orientierungshilfe dienen.

Quelle: Kolb, Christiane (2022): Aufklärung von Anfang an. Mit Kindern über Körper, Gefühle und Sexualität sprechen. München: Kösel-Verlag.

Präventionsangebote & Kurse

Sie möchten das Thema in Ihrem beruflichen Alltag konkret behandeln? Hier finden Sie unsere erprobten Programme und Kurse. Für weitere Informationen oder individuelle Lösungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: info@kinderschutz.ch

  • Starke Eltern – Starke Kinder

    Starke Eltern – Starke Kinder

    Elternkurs
    Starke Eltern – Starke Kinder stärkt Mütter und Väter, sowie auch Grosseltern, in ihrer Aufgabe als Erziehende.
  • Programm «Mein Körper gehört mir!»

    Programm «Mein Körper gehört mir!»

    Lehrmaterial
    Präventionsangebote sexualisierter Gewalt im pädagogischen Kontext
  • clickandstop.ch – Gemeinsam gegen Pädokriminalität im Netz

    clickandstop.ch – Gemeinsam gegen Pädokriminalität im Netz

    Meldestelle
    Nationale Meldestelle gegen Pädokriminalität im Internet

Engagement Kinderschutz Schweiz

Kinderschutz Schweiz benennt die Missachtung der Rechte der Kinder und fordert die konsequente Umsetzung der UNO-KRK in der Schweiz. Die Stiftung bringt sich in Debatten ein, wird zum Schutz der Kinder aktiv und fordert von den politisch Verantwortlichen kinder- und familienfreundliche Strukturen.