Programm «Mein Körper gehört mir!»
Sexualisierte Gewalt und sexuelle Ausbeutung gegen Kinder und Jugendliche wirkt sich in vielerlei Hinsicht negativ auf die Betroffenen aus. Sie trifft Kinder jeder Altersstufe und ist leider auch in der Schweiz weit verbreitet. Es ist deshalb von hoher Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche systematisch zu stärken und Präventionsangebote für alle Altersstufen bereitzustellen.
Das Programm «Mein Körper gehört mir!» umfasst drei Angebote für Schulen, Kindergärten und Kitas
Bereits seit 2006 etabliert und mehrmals evaluiert, richtet sich das Angebot «Mein Körper gehört mir!» 7–9 Jahre an Kinder der Primarstufe sowie deren Lehr- und Bezugspersonen. Dieser bewährte Parcours besteht aus sechs Stationen, an denen Primarschüler:innen spielerisch lernen, selbstwirksam zu handeln, die eigenen Gefühle einzuordnen und Grenzüberschreitungen zu erkennen.
Neu ist das Angebot «Mein Körper gehört mir!» für die Altersstufe 4–6 Jahre. Es beinhaltet Unterrichtsmaterialien für Kindergärten und Kitas und ist über Kinderschutz Schweiz erhältlich. Ebenfalls neu bietet Kinderschutz Schweiz die Ausstellung «Love Limits 14–16 Jahre» für Jugendliche an, die ab dem Schuljahr 2022 zur Miete bestellt oder gekauft werden kann.
Alle drei Angebote bauen aufeinander auf, sind aber in sich geschlossen und können deshalb auch einzeln durchgeführt werden. Im Zentrum der Angebote für die Kinder steht nicht in erster Linie die Vermittlung von Gefahren, sondern die altersgerechte Thematisierung lustvoller Aspekte von Körperlichkeit, Liebe und Sexualität.
Prävention sexualisierter Gewalt und sexueller Ausbeutung
Die 7 Botschaften zur Prävention von sexualisierter Gewalt und sexueller Ausbeutung, die Kindern und Jugendlichen vermittelt werden sollen, orientieren sich an der UNO-Kinderrechtskonvention und nehmen insbesondere Bezug auf die körperliche Integrität und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Kindern und Jugendlichen soll bewusst sein, dass sie es sind, die über den eigenen Körper verfügen dürfen. Sie werden in der Wahrnehmung ihrer Gefühle gestärkt und ermutigt, diese ernst zu nehmen. Sie lernen zu unterscheiden, was angenehm und was unangenehm ist und wie sie diese Empfindungen mitteilen können. Ebenso erhalten sie das Bewusstsein, dass sie Rechte haben und sich bei Problemen Hilfe holen können.
Eine gute Prävention gegen sexualisierte Gewalt vermittelt zudem auf allen Altersstufen die Botschaft, dass Minderjährige nie schuld sind, wenn sie Opfer von sexueller Ausbeutung oder von Grenzverletzungen werden. Bei Jugendlichen geht Präventionsarbeit gezielt auch auf die Themen Partnerschaft, Liebe und Freundschaft ein.
Die Prävention sexualisierter Gewalt dient nicht zuletzt dazu, dass Kinder und Jugendliche selbst nicht zu Tatpersonen werden: Jugendliche Täter:innen üben häufig auch andere Formen von Gewalt aus und erleben zu Hause Gewalt. Negative Erfahrungen als Betroffene von Gewalt und Aggression stellen also ein Risiko darstellen selbst Gewalt auszuüben. Präventionsangebote schützen darum auch durch die Unterbrechung solcher Kreisläufe.
Die 7 Botschaften zur Prävention sexualisierter Gewalt
Das Präventionsprogramm «Mein Körper gehört mir!» von Kinderschutz Schweiz vermittelt Kinder und Jugendliche folgende 7 Präventions-Botschaften.
- Mein Körper gehört mir!
- Ich vertraue meinem Gefühl.
- Ich kenne gute, schlechte und komische Berührungen.
- Ich darf Nein sagen! / Ich habe das Recht, Nein zu sagen!
- Ich unterscheide zwischen guten und schlechten Geheimnissen.
- Ich bin mutig, ich hole mir Hilfe. / Ich weiss, wo ich Hilfe holen kann.
- Ich bin nicht schuld.
Die Zielgruppen
Auch wenn bei diesen Präventionsangeboten gegen sexualisierte Gewalt Kinder und Jugendliche eine Zielgruppe sind, müssen die Erwachsenen zwingend einbezogen werden. Alle drei Angebote im Programm «Mein Körper gehört mir!» enthalten deshalb auch Informationsanlässe für Eltern und Erziehungsberechtigte sowie pädagogische Fachkräfte. Diese sollen nicht nur für die Thematik sensibilisiert, sondern auch motiviert werden, sich aktiv mit Fragen zu Grenzverletzungen und zur Ausbeutung von Kindern auseinanderzusetzen. Studien zeigen, dass Eltern und Erziehungsberechtigte häufig falsche Vorstellungen oder ein lückenhaftes Wissen zum Thema sexuelle Ausbeutung haben und sich im Grunde Unterstützung durch Kindergarten und Schule wünschen. Es ist «eine Kultur des Hinsehens, des Eingreifens und des Schutzes» gefordert. Gefragt ist auf institutioneller Ebene die Entwicklung von Handlungsleitlinien und Prozessen innerhalb der Organisationskultur. Denn verhindert werden können Übergriffe letztlich nur von Erwachsenen.
Den erwachsenen Bezugspersonen wird in den geplanten Angeboten vermittelt, dass Kinder und Jugendliche Rechte haben, auch in sexueller Hinsicht. Altersgerechte Sexualaufklärung ist ein wichtiger Baustein zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt und sexuelle Ausbeutung und fördert die Selbstbestimmung. Liebe und Freundschaft sowie die Entdeckung der Sexualität – so die Botschaft – sind wichtige Erfahrungen innerhalb der persönlichen Entwicklung. Bezugspersonen sollen liebevoll und offen sein. Sie sollen Grenzen akzeptieren und auf die individuellen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen eingehen. Bezugspersonen müssen die Sexualaufklärung und den Aufbau der Kompetenzen bei Kindern nicht alleine übernehmen, sondern können die Hilfe von Fachpersonen, Literatur und Fachstellen in Anspruch nehmen.
Lizenzpartner
Kinderschutz Schweiz hat rund 20 Lizenzpartner:innen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, welche die Angebote auf ihrem Gebiet organisieren und durchführen.
Interaktive Präventionsausstellung INA «Mein Körper gehört mir!» für Jugendliche und Erwachsene mit kognitiven Beeinträchtigungen
INA ist eine Weiterentwicklung des Parcours «Mein Körper gehört mir!» 7-9 Jahre und beruht auf der 7-Punkte-Prävention. Die Ausstellung besteht aus 6 Stationen und richtet sich an Jugendliche (ab etwa 13 Jahren) sowie an Erwachsene mit kognitiven Beeinträchtigungen. Ziel der Ausstellung ist es, dass die Teilnehmenden ihre Selbstkompetenzen in Bezug auf den Umgang mit Nähe, Distanz und Grenzsetzung aufbauen und stärken, sich mit dem Recht auf sexuelle Integrität befassen, Grenzüberschreitungen wahrnehmen und sich mit dem Recht auf selbstbestimmte Sexualität auseinandersetzen. Die Ausstellung initiiert und unterstützt zudem die Verankerung von Prozessen zur Prävention sexueller Ausbeutung auf institutioneller Ebene.
Das Angebot kann hier bei Limita – Fachstelle zur Prävention sexueller Ausbeutung gebucht werden.
Weitere Informationen und Kontakt
Trime Misini
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Bereich Programme
Telefon 031 384 29 04
trime.misini@kinderschutz.ch