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Der politische Weg zur Verankerung der gewaltfreien Erziehung im Zivilgesetzbuch

Hier finden Sie eine Schritt-für-Schritt-Chronologie (mit den entscheidenden Vorstössen)

Ausgelöst wurde die  Änderung im ZGB durch die Motion 19.4632 «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern» von Frau Bulliard-Marbach (Die Mitte), die 2021/22 von beiden Räten angenommen wurde. Daraufhin legte der Bundesrat 2024 seinen Entwurf und die Botschaft vor. Im  Mai 2025 hat der Nationalrat als Erstrat die Vorlage gutgeheissen; der Ständerat sagte an der Herbstsession 2025  ebenfalls klar Ja dazu. Die neue gesetzliche Regelung tritt nach Ablauf der Referendumsfrist voraussichtlich im Januar 2026 in Kraft.

Hier finden Sie eine Schritt-für-Schritt-Chronologie (mit den entscheidenden Vorstössen)

Motion 96.3176 (Kommission für Rechtsfragen Nationalrat) «Rechtliches Verbot der Körperstrafe und erniedrigender Behandlung von Kindern»: Der Nationalrat stimmte der Motion, trotz der ablehnenden Haltung des Bundesrates, 1997 zu, der Ständerat wandelte den Vorstoss in ein Postulat um (das ohne Folgen blieb). (ch)

Parlamentarische Initiative 06.419 (Ruth-Gaby Vermot-Mangold, SP): «Verbesserter Schutz für Kinder vor Gewalt» – weiterer, letztlich erfolgloser Versuch, das Prinzip zu verankern. (ch)

Motion 13.3156 (Yvonne Feri, SP/AG, 03. 2013): «Gewaltfreie Erziehung» – verlangte eine gesetzliche Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung Die Motion wurde vom Nationalrat klar abgelehnt. (parlament.ch)

Motion 15.3639 (Chantal Galladé, SP/ZH, 2015): «Abschaffung des Züchtigungsrechts» – ebenfalls vom Nationalrat abgelehnt. (ch)

Motion 18.3603 (Géraldine Marchand-Balet, CVP/VS) «Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern». (ch): Die Motion wurde während zwei Jahren nicht behandelt und deshalb abgeschrieben.

Motion 19.4632 (Bulliard-Marbach, Die Mitte/FR, 06. 2019): «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern». Diese Motion wurde vom Nationalrat im Herbst 2021 angenommen; vom Ständerat im Winter 2022. Damit war ein grosser Meilenstein erreicht. Der Bundesrat wurde damit beauftragt, eine entsprechende Gesetzesänderung vorzuschlagen in einem Vorentwurf (Kinderschutz Schweiz)

Zwischenzeitlich, im Winter 2020, wurde vom Nationalrat noch das Postulat 20.3185 (Bulliard-Marbach, Die Mitte/FR) «Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung» – überwiesen. Es beauftragte den Bundesrat zu prüfen, wie die gewaltfreie Erziehung im ZGB verankert werden könnte. Im Oktober 2022 erschienen der Bericht des Bundesrates, in welchem dieser anerkannte, dass eine entsprechende Regelung sinnvoll sein könnte und schlug auch eine konkrete Variante zur Umsetzung vor.

Im August 2023 startete das Vernehmlassungsverfahren betreffend die Änderung des ZGB zur Umsetzung der Motion 19.4632 (admin.ch)

Alle Kantone und, mit Ausnahme einer, alle Parteien, hatten sich für die vorgeschlagene Regelung ausgesprochen, dazu natürlich auch Kinderschutz Schweiz und viele weitere Zivilgesellschaftliche Organisationen.

In der Botschaft des Bundesrates an das Parlament betonte dieser den Leitbildcharakter der neuen gesetzlichen Regelung. Diese solle präventiv wirken, zudem sollen die Unterstützungsangebote für Eltern und Kinder gefördert und der Zugang zu diesen verbessert werden. (admin.ch).

Nationalrat (Erstrat): 05.05.2025 Beratung und klare Annahme der Vorlage (24.077). (Parlament.ch)

Ständerat: als Zweitrat sagte an der Herbstsession 2025 auch der Ständerat klar ja zur Verankerung der gewaltfreien Erziehung im ZGB.

Nach Ablauf der Referendumsfrist Mitte Januar tritt das Gesetz in Kraft (unter der sehr wahrscheinlichen Annahme, dass kein Referendum dagegen ergriffen wird und zustande kommt).

Die bestehende Regelung in Artikel 302 Absatz 1 ZGB zur Pflicht der Eltern, das Kind zu erziehen, wird durch einen zweiten Satz ergänzt:

  • 1 … Insbesondere haben sie das Kind ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen, namentlich ohne körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung.

Mit einem neuen Absatz 4 sollen nach Ansicht des Bundesrates von den Kantonen verlangt werden, dass die bereits bestehenden, niederschwelligen Beratungs- und Hilfsangebote für die Eltern und Kinder ausgebaut und der Zugang dazu verbessert werden. Der neue Absatz 4 lautet:

  • 4 Die Kantone sorgen dafür, dass sich die Eltern und das Kind bei Schwierigkeiten in der Erziehung gemeinsam oder einzeln an Beratungsstellen wenden können.

Kurz erklärt

Der politische Weg zum «Recht auf gewaltfreie Erziehung» in der Schweiz

  • 1996 – Motion 96.3176 (Kommission für Rechtsfragen Nationalrat) «Rechtliches Verbot der Körperstrafe und erniedrigender Behandlung von Kindern»: wurde als Postulat überwiesen, ohne konkretes Ergebnis
  • 2006Parlamentarische Initiative 06.419 (Vermot-Mangold, SP)
    Forderung nach besserem Kinderschutz; blieb ohne gesetzliche Umsetzung.
  • 2013Motion 13.3156 (Yvonne Feri, SP/AG)
    Verlangt eine gesetzliche Verankerung der gewaltfreien Erziehung; wurde im Nationalrat abgelehnt.
  • 2015Motion 15.3639 (Chantal Galladé, SP/ZH)
    «Abschaffung des Züchtigungsrechts»; scheiterte ebenfalls.
  • 2018 – Motion 18.3603 (Géraldine Marchand-Balet, CVP/VS)
    Wurde nicht behandelt und nach zwei Jahren abgeschrieben.
  • 2019 (13.06.)Motion 19.4632 (Christine Bulliard-Marbach, Die Mitte/FR)
    Motion, die später angenommen wird: «Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern».
  • 2020 (04.05.)Postulat 20.3185 (Bulliard-Marbach)
    Bundesrat soll Bericht zur zur Verankerung der gewaltfreien Erziehung erstellen; angenommen am 09.12.2020.
  • 2022 (14.12.) – Motion 19.4632 wird vom Ständerat angenommen (Nationalrat schon am 30.09.2021).
    → Auftrag an den Bundesrat, eine ZGB-Vorlage auszuarbeiten.
  • 2023 (23.08.–30.11.)Vernehmlassung zum Vorentwurf Änderung des ZGB (Gewaltfreie Erziehung)
    Klare Zustimmung der Kantone, fast aller Parteien und der Zivilgesellschaft
  • 2024 (13.09.)Entwurf des Bundesrates (Geschäft 24.077)
    Klarstellung im ZGB, dass Erziehungsberechtigte ihre Kinder ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen haben, namentlich ohne körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung. 
  • 2025 (05.05.)Nationalrat (Erstrat) stimmt der Vorlage zu.
  • 2025 (15.08.) Ständerat (Zweitrat) simmt der Vorlage klar zu. 

Diese Timeline zeigt gut, dass mehrere Vorstösse und ein gesellschaftliches Umdenken (sowie unser beharrliches zivilgesellschaftliches Engagement dafür) notwendig waren, um der Motion Bulliard-Marbach 19.4632 zum Durchbruch zu verhelfen, um das Prinzip der gewaltfreien Erziehung endlich im ZGB verankern zu können..

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Kinderschutz Schweiz benennt die Missachtung der Rechte der Kinder und fordert die konsequente Umsetzung der UNO-KRK in der Schweiz. Die Stiftung bringt sich in Debatten ein, wird zum Schutz der Kinder aktiv und fordert von den politisch Verantwortlichen kinder- und familienfreundliche Strukturen.