Empfehlungen
Gefährdungsmeldung an die KESB, Errichtung Beistandschaft
Jedes unbegleitete Kind soll eine Beiständin oder einen Beistand sowie eine Vertrauensperson erhalten; eine Vertrauensperson allein genügt nicht. Bei begleiteten Kindern muss ebenfalls die KESB beigezogen werden, wenn der Verdacht besteht, dass die Begleitperson in den Kinderhandel involviert ist, oder wenn sie ihre Betreuungsaufgabe (z.B. aufgrund Traumatisierung) nicht vollumfänglich wahrnehmen kann.
Dublinverfahren
Steht die Dublinüberstellung im Widerspruch zum übergeordneten Interesse des Kindes, ist davon abzusehen. Bei möglichen Opfern von Kinderhandel ist die Schweiz dazu verpflichtet, dem Verdacht in ihrem Hoheitsgebiet nachzugehen (Art. 10 Abs. 2 ÜBM). Die Identifizierungsphase muss in der Schweiz erfolgen; eine Überstellung in einen anderen Dublinstaat vor Abschluss der Identifizierungsphase verstösst gegen das Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels.
Bei der Zusammenführung der Familie im Dublinverfahren kommt der Risikoanalyse im Rahmen der Einzelfallabklärung besondere Bedeutung zu, wenn es um ein mögliches Opfer von Kinderhandel geht.
Asylrelevanz berücksichtigen
Die Asylrelevanz von Kinderhandel darf nicht vorschnell verneint werden. Betroffene können die Flüchtlingseigenschaft aufgrund des Menschenhandels erfüllen, insbesondere, wenn sie wegen besonderer Eigenschaften wie Alter, Geschlecht oder sozialer Stellung Opfer von Menschenhandel geworden sind.1
Geregelte Abläufe und Zusammenarbeit
Von Kinderhandel betroffene Personen können nur entdeckt und identifiziert werden, wenn ihre Kontaktpersonen für mögliche Hinweise sensibilisiert sind und zusammenarbeiten. Gerade in den grossen Bundesasylzentren mit ihren festen Strukturen braucht es dazu geregelte Abläufe und klare Zuständigkeiten. Jede Person, die Verdacht schöpft, muss wissen, welche Schritte sie einleiten muss und an wen sie sich wenden kann. Auch im Asylbereich müssen spezialisierte Opferhilfestellen beigezogen werden.
1 «Leitfaden für die Rechtsvertretung von Opfern von Menschenhandel im Asylverfahren», Raffaella Massara, Denise Baltensperger, Dominique Wetli , 2019, S. 64 ff., Ziff. 3.2.
Inhaltsverzeichnis
Zur Übersicht- Zielgruppen Online-Handbuch
- Begriffserklärung
- Rechtliche Grundlagen
- Fokus Kinderrechte
- Grundsätze zur Bekämpfung
- Kinderhandel erkennen
- Verdachtsfall
- Fallbeispiele
- Opfer Asylbereich
- Opferschutz und Betreuung
- Dauerhafte Lösungen
- Empfehlungen
- Dank an die Partnerorganisationen
- Wichtige Kontaktstellen
- Literatur- und Linkliste