Suche nach einer dauerhaften Lösung für Opfer von Kinderhandel

Eine dauerhafte Lösung ist das Ergebnis eingehender individueller Abklärungen, die zur Bestimmung des übergeordneten Interesses des Kindes nötig sind (sog. Best Interest Determination Process).

Um ein Opfer von Kinderhandel bestmöglich unterstützen zu können, sind der Informationsaustausch zwischen den involvierten Akteurinnen und Akteuren und eingehende Risikoabklärungen besonders wichtig: Nur so können die langfristige Sicherheit und die besondere Betreuung gewährleistet werden, die es dem Kind ermöglichen, neue Perspektiven zu entwickeln.

Die oben stehenden Akteurinnen und Akteure stehen in engem Kontakt zueinander, um folgende Punkte zu eruieren. Dabei sind das Mitspracherecht und die Aussagen des Kindes zentral.

Informationen über das Kind (aus den Befragungen des Kindes und weiteren Abklärungen)

  • Informationen über Herkunft und Identität des Kindes
  • Wertvorstellungen, die für das Kind von grosser Bedeutung sind
  • Meinungen, Erwartungen und Wünsche des Kindes
  • Spezielle Bedürfnisse: Grad der Traumatisierung und Bedarf an psychologischer Betreuung
  • Migrationspläne: Planung der Zukunft aufgrund der aktuellen Situation
  • Ziele, Ambitionen und berufliche Perspektiven des Kindes
  • Bewältigungsstrategien und Unterstützung durch das nahe Umfeld und die Gemeinschaft

Risikoanalyse

  • Gefahr der erneuten Ausbeutung (Re-Trafficking)
  • Gefahr von physischer oder psychischer Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung durch Mitglieder der Kernfamilie oder nahestehende und weitere Personen
  • Gefahr der sozialen oder wirtschaftlichen Benachteiligung

Abklärungen im Herkunfts- oder Drittland

  • Wer ist für das Kind verantwortlich (Eltern oder Kinderschutzbehörde)?
  • Sicherheit und Stabilität im Herkunftsland
  • Zugang zu kindgerechter Justiz, Rechtsmitteln und Schadenersatz, Gewährung der Kinderrechte
  • Zugang zu Unterstützungsangeboten und die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln: Ausbildung, Freizeit, religiöse und spirituelle Freiheit, positive Wiederaufnahme in der lokalen Gemeinschaft, berufliche Perspektiven

Dabei ist besonders zu beachten:

  • Mit den Eltern darf nur Kontakt aufgenommen werden, wenn dies dem übergeordneten Interesse des Kindes entspricht und zur Abklärung dient, inwiefern die Eltern in die Ausbeutung involviert waren. Falls eine Rückkehr geplant ist und die Eltern für das Kind zuständig sind, muss eine Familieneinschätzung mit den lokalen Behörden gemacht werden. Die Kooperation zwischen der KESB und allenfalls dem Internationalen Sozialdienst (SSI) in der Schweiz und einer Kindesschutzbehörde oder Kinderrechtsorganisation im Ausland ist zwingend.
  • In der Schweiz soll die Internationale Organisation für Migration (IOM), Büro Bern, möglichst früh miteinbezogen werden. Sie leistet Unterstützung bei der Abklärung und der Organisation einer allfälligen freiwilligen Rückkehr von Menschenhandelsopfern.
  • Die IOM arbeitet in der Schweiz bei der Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr von Menschenhandelsopfern mit den Rückkehrberatungsstellen, mit der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) und mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) zusammen.1
  • Während des multidisziplinären Best Interest Determination Process müssen die Akteurinnen und Akteure in engem Austausch stehen.2 Keine Alleingänge einzelner Stellen! Die Entscheidungsfindung für die beste dauerhafte Lösung ist ein gemeinsamer Prozess, und ihr Ergebnis ist in einem Report schriftlich festzuhalten. Die rechtlichen Vertreterinnen und Vertreter in der Schweiz und im Herkunftsland sind dafür zuständig und haben die Verantwortung für den Entscheid zu tragen. Die rechtlichen Vertreterinnen und Vertreter in der Schweiz und im Herkunftsland sind dafür zuständig und haben die Verantwortung für den Entscheid zu tragen, um das Kindeswohl zu gewährleisten.

Mögliche geografische dauerhafte Lösungen sind:

  1. Integration in der Schweiz
  2. die freiwillige Rückkehr ins Herkunftsland 
  3. eine Familienzusammenführung in einem Drittstaat

1 Das Rückkehrhilfeangebot wird vom SEM finanziert.

2 Vgl. IOM Resource Book 2006, S. 177.

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