Die Universität Freiburg hat bei 1013 Eltern eine Umfrage durchgeführt und Zahlen erhoben zur körperlichen und psychischen Gewaltanwendung in der Kindererziehung sowie zum Rechtsverständnis der Eltern. Die Ergebnisse zeigen, dass Gewalt in der Erziehung zum Alltag gehört. Knapp 40% haben schon einmal eine Körperstrafe gegenüber ihrem Kind angewendet. Schläge auf den Hintern sind mit 15% die häufigste Bestrafungsmethode. Der Anlass für körperliche Erziehungsmassnahmen ist vielfältig: Eltern fühlten sich geärgert oder provoziert, sie waren müde und mit den Nerven am Ende oder das Kind hat nicht gehorcht. Doch auch durch psychische Gewalt kann Schaden angerichtet werden, besonders wenn diese regelmässig vorkommt – fast jeder 6. Elternteil übt regelmässig psychische Gewalt aus. Am häufigsten erfolgt die heftige Beschimpfung, gefolgt vom Liebesentzug.
Deshalb braucht es jetzt ein Gesetz
In der Schweizer Gesetzgebung existiert kein Verbot von Körperstrafen, wenn sie nicht zu sichtbaren Schäden führen. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie erlaubt sind, was auch entsprechende Bundesgerichtsurteile bestätigen. Doch Gewaltanwendung in der Kindererziehung kann verheerende Auswirkungen haben, von körperlichen Schädigungen, zu kognitiven oder emotionalen Beeinträchtigungen, bis hin zu psychischen Schäden wie Depressionen, Suizidgedanken, Alkoholismus oder Drogensucht. «Wir fordern, dass die Schweiz endlich die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, mit vereinten Kräften umsetzt.», sagt Regula Bernhard Hug, Leiterin der Geschäftsstelle von Kinderschutz Schweiz. «Ein entsprechendes Gesetz für das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung ist nötig, denn die Erziehung der Kinder ist zwar Privatsache, Gewalt an Kindern ist es jedoch nicht». Auch bei den befragten Eltern stösst diese Idee auf breite Zustimmung: Zwei Drittel gaben an, dass sie von einem solchen Gesetz positive Auswirkungen hinsichtlich der Förderung einer gewaltfreien Erziehung erwarten. Zumindest die Einsicht der Eltern punkto Grenzüberschreitung in der Erziehung hat in den letzten fünf Jahren stark zugenommen. So sagen heute 8 von 10 Personen (doppelt so viele wie im 2017), sie hätten ein schlechtes Gewissen wegen der erteilten körperlichen Strafen.