Vernehmlassungsantwort zum Vorentwurf im Rahmen der parlamentarischen Initiative 15.434 (Kessler) Weibel «Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter»

Kinderschutz Schweiz begrüsst den in die Vernehmlassung gegebenen Vorentwurf. Der Vorentwurf bietet eine klare Lösung für diese sehr speziellen und dramatischen Fälle, indem er dem überlebenden Elternteil den Anspruch auf zusätzlichen Urlaub garantiert und dessen Dauer und Entschädigung festlegt.
Mittwoch, 1. Juni 2022

Nach der Geburt sind Kinder zur Befriedigung ihrer körperlichen und emotionalen Bedürfnisse vollständig von ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen abhängig. Für eine gesunde Entwicklung des Kindes ist es sehr wichtig, dass seine Signale und Bedürfnisse ernst genommen werden. Das fördert auch eine starke Bindung zu den Eltern und vermittelt emotionale Sicherheit, die sich vor allem auf die Gesundheit des Kindes und sein Vertrauen in sich selbst und in andere positiv auswirkt. Der bei der Geburt gewährte Elternurlaub ist für das Kind unerlässlich, damit es möglichst rasch eine tragfähige, es schützende Beziehung zu seinen wichtigsten Bezugspersonen aufbauen kann. Stirbt die Mutter oder der andere Elternteil, verändert sich das Leben der Familie grundlegend. Der überlebende Elternteil muss sich nicht nur mit seinen eigenen Gefühlen in Verbindung mit dem Verlust des Partners oder der Partnerin auseinandersetzen, sondern auch die Schwierigkeiten bewältigen, die sich aus der neuen familiären Situation ergeben, indem er sich um ein sehr kleines Kind und möglicherweise um weitere Kinder kümmert. Deshalb ist es richtig und notwendig, dass der überlebende Elternteil über zusätzliche Zeit verfügt, um sich um das Kind zu kümmern. Vor allem wenn die Mutter stirbt, muss der andere Elternteil den 14-wöchigen Urlaub in Anspruch nehmen können, um sich in den entscheidenden ersten Lebensmonaten voll und ganz um das Kind zu kümmern und so eine stabile und verlässliche emotionale Beziehung zu ihm aufzubauen.

Kinderschutz Schweiz begrüsst deshalb den in die Vernehmlassung gegebenen Vorentwurf. Das Gesetz regelt heute die besondere Situation des Todes eines Elternteils bei der Geburt des Kindes oder kurz danach nur unzureichend und unbefriedigend. Der Vorentwurf bietet eine klare Lösung für diese sehr speziellen und dramatischen Fälle, indem er dem überlebenden Elternteil den Anspruch auf zusätzlichen Urlaub garantiert und dessen Dauer und Entschädigung festlegt.

Obwohl der Minderheitsantrag der Kommission wahrscheinlich ausreichen würde, um die parlamentarische Initiative 15.434 umzusetzen, ziehen wir die grosszügigere Lösung der Kommissionsmehrheit vor. Daher begrüssen wir das Modell, das dem überlebenden Elternteil – sei es die Mutter oder der andere Elternteil – zusätzlich zu seinem eigenen Urlaub den vollen Urlaub des verstorbenen Elternteils gewährt. Dementsprechend lehnen wir den Antrag der Kommissionsminderheit ab, den Urlaub im Todesfall nur dem anderen Elternteil, nicht jedoch der Mutter und nicht zusätzlich zum eigenen Urlaub zu gewähren. Ausserdem unterstützen wir, dass der über die Erwerbsersatzordnung finanzierte Urlaub im Todesfall vollumfänglich gewährt wird und sich nicht auf den verbleibenden Teil des Urlaubs beschränkt, wenn ihn der verstorbene Elternteil vor dem Tod bereits teilweise in Anspruch nehmen konnte.

Im Übrigen begrüssen wir, dass die Gelegenheit genutzt wurde, im Rahmen dieses Vorentwurfs die begrifflichen Anpassungen vorzunehmen, die sich im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Inkrafttreten der Ehe für alle als notwendig erweisen.

Schliesslich ist zu sagen, dass in der Schweiz jedes Jahr Familien vom Tod eines Elternteils zu einem anderen Zeitpunkt als bei der Geburt oder kurz danach getroffen werden. Man könnte sich daher fragen, ob es nicht zweckmässig wäre, ganz allgemein zu prüfen, welche Lösungen und welche Unterstützung dem überlebenden Elternteil angeboten werden könnten, wenn er sich um minderjährige Kinder kümmern muss und der Tod nach der vom Mutterschafts- oder Vaterschaftsurlaub abgedeckten Zeit eintritt.

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