Eine sichere Bindung stärkt Ihr Kind

Kinder haben ein angeborenes Bedürfnis, enge Beziehungen mit ihren Mitmenschen einzugehen, denn dies dient ihrem Überleben. Die Bezugspersonen des Kindes sorgen für seine Bedürfnisse. Eine sichere Bindung ist ein lebenslanger Schutzfaktor.

Was ist Bindung?

Kinder kommen unreif auf die Welt und ihr Überleben ist abhängig von ihren Bezugspersonen. Kinder brauchen Bezugspersonen, die einerseits auf ihre körperlichen Bedürfnisse schauen, so etwa, dass sie genug zu essen und zu trinken haben. Anderseits brauchen Kinder auch Bezugspersonen, die auf ihr Schreien und Wimmern und auf ihre Emotionen eingehen. Das Kind möchte folgende Erfahrungen machen:

  • Du hörst und siehst mich. Wenn ich dich rufe, bist du prompt für mich da.
  • Ich kann mich auf dich verlassen.
  • Wenn ich Angst habe, kann ich zu dir kommen. Du nimmst meine Gefühle und Bedürfnisse ernst.
  • Du hilfst mir, meinen Stress zu reduzieren, denn ich kann es noch nicht selbst.
  • Ich kann so sein wie ich möchte und du liebst mich genau deswegen.

Die Signale und Bedürfnisse des Kindes ernst zu nehmen, ist sehr wichtig für dessen Entwicklung. Ein Problem des Kindes scheint für Erwachsene eventuell banal, doch für das Kind ist es eine grosse Sache und möglicherweise sogar eine wahre Bedrohung. Häufig fühlt sich das Kind bereits sicherer, wenn es mit tröstenden Worten unterstützt und in den Arm genommen wird.

So wird eine sichere Bindung begünstigt. Das Kind lernt, dass die Welt ein sicherer Ort ist. Es gewinnt dadurch an Sicherheit und Vertrauen in sich und andere Menschen. Diese erste Beziehungserfahrung legt eine wichtige Grundlage für die weiteren Beziehungen im Leben der Kinder.

Bindungssicherheit – Ein lebenslanger Schutzfaktor

Machen Kinder positive Bindungserfahrungen in den Beziehungen mit ihren Bezugspersonen wird eine sichere Bindung begünstigt. Dies ist ein bedeutender lebenslanger Schutzfaktor und hat viele positive Auswirkungen:

  • höherer Selbstwert
  • mehr Bewältigungsmöglichkeiten in Stresssituationen
  • höhere Resilienz
  • stabilere Freundschaften
  • höhere Schulleistungen
  • bessere psychische und körperliche Gesundheit
  • höhere Partnerschaftszufriedenheit
  • höhere Sensitivität den eigenen Kindern gegenüber

Eine sichere Bindung ist nicht an bestimmte Familienmodelle oder an sozioökonomische Verhältnisse und dergleichen geknüpft, sondern sie ist in unterschiedlichen Settings realisierbar.

Bindungssicherheit entsteht, wenn Eltern sensitiv auf die Signale des Babys reagieren. Sensitivität bedeutet, dass die Eltern diese Signale

  • wahrnehmen
  • sie richtig interpretieren
  • sie prompt und
  • angemessen beantworten.

So lernt das Baby, dass sich vertrauensvolle Personen um es kümmern und es nicht in seinem Spannungszustand alleingelassen ist. Im ersten Lebensjahr kann ein Baby nicht mit zu viel emotionaler Zuwendung verwöhnt werden! Das sensitive Eingehen auf die Signale des Babys führt ausserdem dazu, dass es sogar weniger schreit! Es lernt durch wiederholte Erfahrungen Folgendes: «Meine Eltern reagieren bereits früh auf mich und meine Signale, ich muss gar nicht so fest weinen, sie sehen und hören mich.»

Im ersten Lebensjahr kann ein Baby nicht mit zu viel körperlicher Nähe und emotionaler Zuwendung verwöhnt werden.

Die Sprache der Babys – Schreien und vieles mehr

Die Natur hat sichergestellt, dass kindliches Schreien umso unerträglicher wird, je länger es dauert. So werden Eltern auf das Kind und seine Bedürfnisse aufmerksam. Ein Baby möchte seinen Eltern mit dem Schreien meistens etwas sagen: Hilf mir, ich habe Hunger, ich brauche saubere Windeln, ich brauche deine Nähe, ich habe zu kalt, ich habe zu warm, ich bin müde... Schreien ist für das Baby auch anstrengend. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern auf dieses prompt eingehen. Ein Baby das stark weint und schreit ist viel schwieriger zu trösten.

Das Schreien ist eines von vielen Zeichen, mit welchem ein Baby zeigen kann, dass es belastet ist. Schon bevor sie zu schreien beginnen, zeigen Babys viele kleinere und unauffälligere Anzeichen. In moderat stressigen Situationen kann sich ein Baby bereits sehr gut selbst regulieren.

Ein Baby

  • nimmt seine Hände oder Gegenstände in den Mund
  • streckt die Zunge raus
  • wendet seinen Kopf oder den ganzen Körper ab
  • überstreckt seinen Körper
  • atmet unregelmässig und laut...

Aus Elternsicht bedeutet dies: Geben Sie Ihrem Kind eine Pause. Versuchen Sie, eine gute Balance zwischen der Stimulation des Babys (z.B. Spielen) und den Pausen dazwischen zu finden. Babys können ihre Aufmerksamkeit nur wenige Sekunden aufrechterhalten und brauchen danach wieder eine Pause. Je älter das Baby wird, umso länger kann es die Aufmerksamkeit halten. Führen Sie für das Baby stressige Aktivitäten, wie bspw. das Wickeln, dann aus, wenn das Baby nicht belastet ist.

Babys können auch zeigen, dass sie offen sind für Spiel und Beziehung.

Das Baby

  • ist wach und aufmerksam
  • sucht Blickkontakt
  • lächelt
  • bewegt sich ruhig
  • plappert...

Wenn das Baby grundlos schreit

In den ersten Lebensmonaten schreien viele Babys jedoch auch ohne Grund. Dies wird unspezifisches Schreien genannt. Es nimmt bis zum Alter von 6 Wochen kontinuierlich zu. Viele Babys schreien dann zwei bis drei Stunden täglich, vor allem abends. Danach nimmt das unspezifische Schreien ab und hört bei den meisten Babys nach drei Monaten auf.

Auch dann ist es wichtig, dass Sie für das Kind da sind und es zum Beispiel sanft zu beruhigen versuchen. Falls Sie merken, dass Sie nervlich sehr angespannt sind, legen Sie Ihr Kind an einen sicheren Ort wie ins Beistellbett, verlassen Sie den Raum eine Weile, lassen Sie das Kind schreien und sammeln Sie sich wieder. Wichtig ist auf jeden Fall: Schütteln Sie Ihr Kind nie!. Optimalerweise haben Sie eine Liste mit ein paar Namen zur Hand, die Sie in solch einem stressigen Moment kontaktieren können. Beratung und Unterstützung finden Eltern auch beim Elternnotruf oder bei der nächsten Mütter-Väter-Beratung. Weitere Beratungsangebote finden Sie auch hier.

Zum Merken

Ein Baby schreit nie, um Sie zu nerven.

Wieso wir nicht immer gleich sensitiv reagieren können

Unsere eigenen Erziehungserfahrungen prägen, wie sensitiv wir auf die Signale unserer Kinder reagieren können. Habe ich mich als Kind wahrgenommen gefühlt? Hatte ich Vertrauen in meine Eltern? Wurde ich von ihnen getröstet, wenn es mir nicht gut ging? Die Erfahrungen, die wir selbst gemacht haben, geben wir oftmals an unsere Kinder weiter. Das hängt damit zusammen, dass wir diese Art der Erziehung von uns selbst kennen und anderes nicht. Die Reflexion unserer eigenen Erfahrungen mit Bezugspersonen oder Fachpersonen kann helfen, dieses Muster zu verändern).

Auch die aktuelle Lebenssituation beeinflusst, ob wir die Kapazität haben, sensitiv zu sein. Psychische Belastungen, finanzielle Probleme, Partnerschaftsprobleme und weiteres haben einen erschwerenden Einfluss darauf. Unseren Kindern hilft es, wenn es uns selbst gut geht und wir uns in schwierigen Situationen Unterstützung holen. Professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen ist ein Zeichen der Stärke und hilft uns als Individuum, als Paar und unseren Kindern.

Wir können nicht immer sensitiv auf unsere Kinder eingehen. Das ist auch in Ordnung so. Eltern machen Fehler. Kinder verzeihen diese Fehler, vor allem wenn diese dann mit ihnen besprochen werden.

Zum Merken

Ein Zeichen von Stärke ist es, wenn sich Eltern in schwierigen Situationen frühzeitig Hilfe und Unterstützung holen. Dies hilft Ihnen, wie auch Ihrem Kind!

Engagement Kinderschutz Schweiz

Kinderschutz Schweiz benennt die Missachtung der Rechte der Kinder und fordert die konsequente Umsetzung der UNO-KRK in der Schweiz. Die Stiftung bringt sich in Debatten ein, wird zum Schutz der Kinder aktiv und fordert von den politisch Verantwortlichen kinder- und familienfreundliche Strukturen.

shopping_cart
Zum Warenkorb
0